Fernwärme

Thema

Stichworte: Fernwärme, Wärme, Wärmespeicher, saisonale Speicher, Speicher, Primärenergiefaktor, zentrale Versorgung, Nahwärme, Wärmenetz, Kältenetz, KWK, Solarthermie, Wärmeversorgung, Wärmewende

Beschreibung: 

In der netzgebundenen Wärmeversorgung (Nah-/Fernwärmenetz) erfolgt die Wärmebereitstellung durch zentrale Wärmeerzeugung und eine dezentrale Wärmeabgabe über ein Rohrleitungsnetz mit einem darin befindlichem Wärmeträger. Bei kleineren Netzen, in der Regel für die Quartiersversorgung, spricht man von Nahwärme, bei größeren von Fernwärme, der Übergang zwischen Fern- und Nahwärme ist jedoch fließend und nicht klar abgegrenzt.
Die Art der Wärmeerzeugung kann pro Netz variieren und auch aus mehreren unterschiedlichen Anlagen bestehen.
Typisch ist aktuell die Verwendung der Wärme aus KWK-Anlagen, welche auf fossilen Primärenergiequellen basiert. Der Anteil erneuerbarer Energien ist noch gering. Genauer gesagt lag der Anteil fossiler Energiequellen bei der Fernwärme 2021 bei 67,7 % und nur 17,3 % (Stand 2021) stammen aus erneuerbaren Energiequellen. (BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. 14.06.2022 – Kapitel 6)

Doch durch den zentralen Aufbau von Fernwärmenetzen gibt es große Potenziale, den Anteil grüner Fernwärme zu erhöhen und viele Wärmenetzbetreiber befassen sich aktuell mit der Transformation ihrer Netze.

Des Weiteren ist ein wichtiger Aspekt der Fernwärme die Anschlussrate. Damit ein Fernwärmenetz wirtschaftlich und effizient ist, müssen genug Abnehmer angeschlossen sein. Damit die Effizienz des Netzes gewährleistet wird, kann es vorkommen, dass in einigen Kommunen für Gebäude einen Anschluss- und Benutzungszwang gibt.
Eine wesentliche Charakteristik eines Fernwärmenetzes ist zudem der Primärenergiefaktor (PEF). Dieser gibt das Verhältnis von dem Primärenergiebedarf zum Endenergiebedarf wieder. Je kleiner der Wert ist, desto geringer ist der Einsatz von Primärenergien, beispielsweise durch geringe Verluste oder einem hohen Einsatz erneuerbarer Energien. Laut dem Gebäudeenergiegesetz darf der PEF nicht unterhalb von 0,3 liegen. Eine Ausnahme stellt ein Wärmenetz mit einem erhöhten Anteil an erneuerbarer Energie oder Abwärme dar. In dem Fall lässt sich der Wert bis auf 0,2 herabsenken. Diese gesetzliche Mindestgrenze bedeutet, dass wenn ein Wärmenetz einen Primärenergie-faktor unter 0,3 (bzw. 0,2) hat, dann muss bei den angeschlossenen Gebäuden dennoch der Wert 0,3 (bzw. 0,2) verwendet werden.

Eine Wärmeversorgung über Fernwärme bietet verschiedene Vorteile:

  • Mit Hilfe von Wärmenetzen kann eine große Anzahl an Verbrauchern schnell erschlossen und beispielsweise über Abwärme, KWK-Wärme und erneuerbare Energien versorgt werden.
  • Indem die Versorgung über zentrale Anlagen erfolgt, können große und effiziente Erzeuger, in der Regel mit Kraft-Wärme-Kopplung, eingesetzt werden. Zudem ermöglicht die zentrale Wärmeerzeugung eine Einbindung von Abwärme und/oder Umweltwärme (Solarthermie, Geothermie), wodurch (fossile) Brennstoffe eingespart werden können.
  • Der ganzjährige Wärmebedarf ermöglicht die Einbindung von Solarenergie, insbesondere, wenn saisonale Speicher zum Einsatz kommen.
  • Neue Konzepte können einfacher umgesetzt werden, als wenn viele dezentrale Erzeuger ersetzt werden müssen. Das erleichtert den Umstieg auf erneuerbare Wärmequellen und somit auch die Wärmewende
  • Die zentrale Wärmeerzeugung bietet gegenüber der individuellen Wärmeerzeugung zudem den Vorteil eines flexibleren Betriebs der Wärmeerzeuger mit der Möglichkeit, flexibel auf Rohstoff- und Strompreise zu reagieren.
  • Beim Abnehmer können die Ausgaben für die hauseigene Heizungstechnik gespart werden. Ebenso wird kein Platz mehr für einen eigene Heizkessel, Kamin etc. benötigt und Wartungen für die Technik entfallen auch.
    •Für Verbraucher lohnt sich der Bezug grüner Fernwärme mit einem geringen Primärenergiefaktor, da somit die GEG-Vorgaben für den Einsatz erneuerbarer Energien erfüllt werden.

 

Neben den Vorteilen bringt die Fernwärme auch einige Nachteile mit sich:

  • Die auftretenden Leitungsverluste in den Verteilungsnetzen führen dazu, dass Fernwärme bei einer geringen Wärmebedarfsdichte ineffizienter und weniger wirtschaftlich ist als die dezentrale Wärmeerzeugung.
  • jedes Fernwärmenetz stellt ein lokales Monopol dar, da zu einem anderen Fernwärmeanbieter kein Wechsel möglich ist
  • Bei einem Wechsel zur Fernwärme fallen für den Anschluss hohe Investitionskosten für den Verbraucher an und nicht in jedem Gebiet ist ein Wechsel zur Fernwärme möglich

Aktuelle Fragestellungen & Herausforderungen

Herausforderungen ergeben sich durch die Anforderungen der Energiewende an eine möglichst CO2-neutrale Erzeugung, durch Veränderungen in den Abnahmestrukturen und die Umstellung auf Netze der 4. Generation mit geringeren Temperaturen und dezentraler Einspeisung.
Der sinkende Raumwärmebedarf des Gebäudesektors stellt neue Anforderungen an Wärmenetze, da die Wärmebedarfsdichte sinkt und somit die Wärmeverluste einen relativ höheren Anteil einnehmen und die Wirtschaftlichkeit einer zentralen Wärmeversorgung sinkt.

Für die sogenannte vierte Generation von Wärmenetzen werden die Betriebstemperaturen gesenkt, um somit z. B. die Einbindung von Niedertemperaturwärmequellen (Grubenwasser, Solarthermie, Abwasser o. ä.) zu ermöglichen und infolgedessen Wärmeverluste und CO2-Emissionen zu senken. Gleichzeitig werden Synergien zwischen dem Wärme- und Stromsektor ausgenutzt, um die Energieeffizienz und den Anteil der erneuerbaren Energien an der Wärmebereitstellung zu steigern (Sektorenkopplung). Die Schwierigkeit besteht hierbei darin, dies in Bestandsnetzen umzusetzen, da die Abnehmer und Netze in der Regel auf höhere Temperaturen ausgelegt sind.

Neben der zentralen Erzeugung werden zunehmend dezentrale Einspeiser (Abwärme, Prosumer) relevant, die zusätzliche Herausforderungen an die Hydraulik der Netze stellen.

Weiterführende Informationen:

Leitfaden Nahwärme von Fraunhofer UMSICHT  (C.Dötsch; J.Taschenberger; I.Schönberg (2017): „Leitfaden Nahwärme“)
Der Leitfaden soll den Anwender in die Lage versetzen, Varianten der Nahwärmeversorgung zu beurteilen, sowie technisch und wirtschaftlich interessante Optionen zu erkennen. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der systemübergreifenden Optimierung, die die technischen Abhängigkeiten und Wechselwirkungen zwischen Wärmeerzeugung, -verteilung und -verbrauch berücksichtigen muss. Der Leitfaden will und kann – nicht zuletzt wegen seines beschränkten Umfanges – keine fachlich qualifizierte Planung ersetzen; er soll jedoch eine Hilfe sein, um die „richtigen Fragen“ zu stellen und so die Planung konstruktiv zu beeinflussen.

Planungshandbuch Fernwärme (QM Fernwärme, Schweiz 21. September 2017 – „Planungshandbuch Fernwärme“)
Das Planungshandbuch Fernwärme von EnergieSchweiz, Bundesamt für Energie BFE, gibt eine Einführung in  die technischen  und  betrieblichen  Grundlagen  zur Realisierung  von  Fernwärmenetzen  und  es  soll  dazu beizutragen,  dass  neue  Fernwärmenetze  effizient  und ökonomisch ausgeführt und betrieben werden.

Zuletzt aktualisiert: 23.05.2023